Archivordnung für die Seelsorgsstellen in der Erzdiözese München und Freising

In Ausführung der „Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche" ergeht für den Bereich der Erzdiözese München und Freising folgende Archivordnung für die Seelsorgsstellen.

Die Bewahrung des schriftlichen Niederschlags der pfarrlichen Verwaltung ist infolge des Anwachsens des Schriftverkehrs in jüngerer Zeit zu einem Problem geworden, das leider auch zu vorschnellen Vernichtungsaktionen geführt hat. Auch im pfarrlichen Bereich will sich die Kirche jedoch nicht von ihrer Vergangenheit abschneiden. In den Pfarrarchiven spiegelt sich nämlich der jeweilige Stand der Seelsorge, und so fällt auch ein Licht auf die heutigen Probleme der Seelsorge in ihrer Grundsätzlichkeit oder Zeitgebundenheit. Für viele Bereiche, besonders für die Familien- und Personengeschichte, das Schul- und Armenwesen, sind die Pfarrarchive bis ins späte 19. Jahrhundert hinein hauptsächliche oder einzige Quelle. Vielfach sind auch rechtliche Fragen allein durch unscheinbare Unterlagen der Pfarrarchive zu klären.

§1 Verwaltung und Unterbringung

Abs. 1. Das Archiv einer Seelsorgsstelle untersteht der Verwaltung des jeweiligen Pfarrers, Pfarrverbandsleiters oder Kuraten. Er kann Personen im kirchlichen Dienst, auch in ehrenamtlicher Weise, zur Verwaltung heranziehen. Der Zugang zum Archiv ist nur diesen Personen gestattet.

Abs. 2. Die Fachaufsicht über die Archive wird vom Diözesanarchivar ausgeübt. Er ist in wichtigen Fällen beizuziehen, er berät bei der Unterbringung des Archivs. Vor größeren Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten ist er gutachtlich, auch hinsichtlich der beauftragten Personen, zu hören.

Abs. 3. Vom Archiv zu unterscheiden und räumlich zu trennen ist die amtliche Registratur. In ihr werden die laufenden Vorgänge und die noch für den Geschäftsgang erforderlichen Unterlagen verwahrt. Abgeschlossene und nicht mehr laufend benötigte Vorgänge werden ins Archiv überstellt. Eine Benutzung der Registratur durch Außenstehende ist unbeschadet des Rechts auf Ausstellung bestimmter Dokumente (CIC c. 491 § 3 in Verbindung mit c. 487 § 2; Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive § 5) nicht gestattet.

Abs. 4. Das Archiv ist in einem trockenen, gegen starke Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen geschützten Raum zu verwahren (Richtwerte: 40 - 65 % Luftfeuchtigkeit, Temperatur; 10 - 18° C). Unausgebaute Keller- und Speicherräume sind ungeeignet. Der Raum muss verschließbar sein und darf keinen sachfremden Zwecken dienen. Bei kleineren Archiven genügt ein verschließbarer Schrank. Der Schlüssel zum Archivraum oder -schrank ist abzuziehen und an geeigneter Stelle zu verwahren.

Abs. 5. Archive nicht mehr besetzter Seelsorgsstellen sowie Archive, deren sachgerechte Unterbringung gemäß den oben in Abs. 1 und 4 gegebenen Richtlinien nicht möglich ist, sind dem Archiv des Erzbistums zur Verwahrung zu übergeben. Eigentums- und Verfügungsrechte bleiben davon unberührt.

Abs. 6. Die vor dem 1. Januar 1876 begonnenen pfarrlichen Matrikeln werden im Archiv des Erzbistums verwahrt und im Auftrag der Pfarrämter gemäß der geltenden Benutzungsordnung verwaltet (vgl. CIC c. 535).

Abs. 7. Für das Schriftgut der Kirchenstiftungsverwaltung und der Pfarrpfründverwaltung gelten die Richtlinien dieser Anordnung sinngemäß.

§2 Benutzung

Abs. 1. Ein Anspruch auf Benutzung besteht nicht. Im Rahmen der örtlich und persönlich gegebenen Möglichkeiten sollen jedoch wissenschaftliche, rechtliche, heimat- und familiengeschichtliche Nachforschungen nicht behindert werden. Von einer Benutzung ausgeschlossen ist Archivgut, dessen Schlussdatum weniger als 40 Jahre zurückliegt, sowie personenbezogene Unterlagen bis 30 Jahre nach dem Tod bzw. 120 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person.

Eine Benutzung ist auszuschließen, wenn das Wohl der Kirche, Persönlichkeitsrechte Betroffener oder Regelungen des kirchlichen oder staatlichen Datenschutzes verletzt würden.

Die §§ 6, 7 und 8 der Anordnung über die Sicherung und Nutzung gelten sinngemäß auch für die Pfarrarchive.

Abs. 2. Die Vorlage von Archivalien muss außerhalb des Archivraumes und unter Aufsicht erfolgen.

Abs. 3. Benutzer haben sich über ihre Identität auszuweisen; sie sollen ihr Vorhaben schriftlich darlegen. Über die Benutzung ist eine Notiz zu den Pfarrakten zu geben.

Abs. 4. Die Benutzer sind gehalten, die vorgelegten Archivalien schonend zu behandeln. Eintragungen, Unterstreichungen, Änderungen der Blattfolge sind nicht erlaubt.

Abs. 5. Matrikelbände, die nach 1876 begonnen wurden, werden nicht vorgelegt.

Abs. 6. Eine Ausleihe von Archivalien ist nicht erlaubt, ausgenommen ist die dienstliche Vorlage im Verkehr mit dem Ordinariat oder anderen Seelsorgsstellen. Bei Ausleihwünschen für Ausstellungen u.Ä. ist die Erlaubnis des Ordinariates erforderlich, die über das Diözesanarchiv einzuholen ist.

Dauernde Aufbewahrung

Dauernd aufzubewahren sind:

  1. Pfarrmatrikeln einschließlich der Familien-, Firm- und Sponsalienbücher, sowie alles, was sich auf den kirchlichen Stand einzelner Personen und die Sakramentenspendung bezieht.
  2. Urkunden (Verträge wie Pacht, Mieten und Versicherungen), auch wenn sie nicht mehr von rechtlicher Bedeutung sind (z.B. über erloschene Stiftungen, veräußerte Liegenschaften u.Ä.). Unter Urkunde wird jede Rechtsaufzeichnung verstanden, auch Kopien davon.
  3. Verkündbücher, Verzeichnisse und Beschreibungen kirchlicher Verrichtungen, Zelebrations- und Stipendienbücher, Visitationsprotokolle, Seelsorgsberichte, Statistiken.
  4. Vermögens- und Stiftungsverzeichnisse, Inventare, Protokolle und Beschlüsse der Kirchenverwaltung und des Pfarrgemeinderats, Kassenbücher (soweit nicht maschinell geführt) und die Jahresrechnungen samt Revisionsbericht (einschließlich Kindertagesstätten).
  5. Pfarrchronik, Pfarrbrief, Verkündzettel, orts- und diözesangeschichtliche Literatur, Diözesan-Amtsblatt, Schematismus und Diözesanbeschreibung.
  6. Akten über wichtige Vorgänge, z.B. Pfarrgründung und -grenzen, Seelsorgsklerus, Personalakten der Mitarbeiter, Stiftungen, Schenkungen und Erbschaften, Prozesse, Grundstückserwerb und -veräußertung, Rechte und Lasten, insbesondere Erbbaurechte, Einheitsweiterbescheide, Verfolgung der Kirche, allgemeine pastorale Fragen.
  7. Wahlprotokolle der Kirchenvorstands- und Pfarrgemeinderatswahl, Akten über kirchliche Vereine.
  8. Akten über Neubauten und größere Veränderungen sowie über dauerhafte Anschaffungen, insbesondere Kunstgegenstände und technische Anlagen (Heizung, Orgel u.Ä.).
  9. Bei Sonderbetrieben: Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung.
  10. Friedhofsangelegenheiten grundsätzlicher Art, Pläne, Verzeichnisse und Register der Bestattungen und Gräber.
  11. Generell alle vor 1920 entstandenen Akten.

§4 Aktenaussonderung (Kassation)

Abs. 1. Vor der Durchführung einer Aktenaussonderung ist die Begutachtung durch den Diözesanarchivar einzuholen, soweit es sich nicht um die in Abs. 4-6 genannten Kategorien handelt.

Abs. 2. Bei Kassationen ist ein Protokoll aufzunehmen, das den Inhalt des kassierten Materials mit Laufzeit angibt und zu den Pfarrakten zu nehmen ist.

Abs. 3. Kassiertes Schriftgut darf nicht zur Müllabfuhr oder Altpapiersammlung gegeben werden, sondern muss verbrannt oder im Reißwolf vernichtet werden.

Abs. 4. Sofort können kassiert werden:

  • Zusendungen nicht individueller Art, wie Prospekte, Einladungen, allgemeine Rundschreiben, soweit sie nicht als pfarrgeschichtliches Material anzusehen sind.
  • Konzepte, die sich erledigt haben.

Abs. 5. Nach 10 Jahren - ggf. jedoch mindestens ein Jahr nach Entlastung durch die Erzbischöfliche Finanzkammer oder andere Behörden - soweit nicht von grundsätzlicher Bedeutung:

  • Mitteilungen von Pfarrämtern über Personenstandsfälle nach Eintragung in die Matrikeln.
  • Kassen- und Rechnungsbelege (Ausnahmen s. § 3 Nr. 8 und Anlage), Bank- und Postscheckauszüge sowie die übrigen Aufrechnungen und Nachweise, die von der Kirchenstiftung zu führen sind.
  • Aufstellung über Stipendien und Stolarien.
  • Unterlagen über Reisekosten und Fahrtenbücher.
  • Unterlagen über Vergütungen für Aushilfen, Religionsunterricht u.Ä.
  • Wochenzettel von Bauunternehmungen.
  • Kirchgeldlisten, Spendenlisten von Sammlungen.
  • Postauslieferungsbücher.
  • Nicht berücksichtigte Stellenbewerbungen.
  • Unterlagen über ABM-Kräfte und Seelsorgspraktikanten (ausgenommen Zeugnisse).
  • Urlaubsgesuche und Unterlagen über Vertretungen.
  • Schriftwechsel über Rechnungen und Haushaltspläne.
  • Wahlunterlagen (ausgenommen das Wahlprotokoll).
  • Gleichartig wiederkehrende Verwaltungsvorgänge von nicht grundsätzlicher Bedeutung.
  • Mitteilungen der Einwohnermeldeämter, Bescheinigungen der Standesämter über Geburten und Todesfälle.
  • Steuersachen.
  • Unterlagen der Kindergartenverwaltung, insbesondere solche, die Fragen einer Haftung berühren.
  • Erledigte Grabunterhaltungsakten.

Abs. 6. Nach 60 Jahren können kassiert werden:

  • Versicherungsangelegenheiten (ausgenommen Verträge s. § 3/2).
  • Trauungsmitteilungen der Standesämter.
  • Brautexamensprotokolle.
  • Akten über Ehedispensen, Sanationen, Todeserklärungen.

§5 Amtsübergabe

Bei Resignation oder Stellenwechsel eines Pfarrers oder Kuraten hat der zuständige Dekan zusammen mit diesem das amtliche Schriftgut zu besichtigen, dessen Verwahrungsart zur Kenntnis zu nehmen und die nötigen Sicherungsmaßnahmen für die Zwischenzeit einzuleiten. Dabei ist auch die Vollständigkeit und Evidenz der Matrikeln zu prüfen. Im Fall des Todes des Pfarrers oder Kuraten hat der Dekan in ähnlicher Weise vorzugehen und gegenüber den Erben das amtliche Schriftgut zu bezeichnen und für seine Verwahrung zu sorgen. Dem neuen Stelleninhaber hat er das Archivgut zu übergeben und ihn auf die Pflicht der ordnungsgemäßen Verwahrung aufmerksam zu machen. Der Dekan kann für diese Aufgaben die Hilfe des Diözesanarchivars in Anspruch nehmen.

§6 Persönliches Schriftgut

Jeder Inhaber einer Seelsorgsstelle hat darauf zu achten, dass persönliches und amtliches Schriftgut sorgfältig voneinander getrennt wird und auch getrennt aufbewahrt wird. Bei seelsorglicher Privatkorrespondenz ist zu prüfen, ob sie nicht wegen ihres spirituellen, wissenschaftlichen oder persönlichen Wertes unter Wahrung der nötigen Sperrfrist dem Pfarrarchiv übergeben werden soll. Dasselbe gilt für wissenschaftliche, insbesondere heimatkundliche Ausarbeitungen und Materialsammlungen.

§7 Dekanatsverwaltung

Das beim Dekan in Ausübung seines Amtes anfallende Schriftgut ist getrennt aufzubewahren und bei Beendigung des Amtes dem Nachfolger zu übergeben. Die nicht mehr benötigten Akten sind dem Diözesanarchiv anzubieten.

§8 Amtliche Bücher

Außer den in § 3 Nr. 5 genannten Büchern und Zeitschriften, die beim Pfarrarchiv verbleiben sollen, sind häufig noch amtliche Publikationen vorhanden, die weder für die Verwaltung noch für die Pfarrgeschichte gebraucht werden (insbesondere staatliche Amtsblätter). Sie sollen der Dombibliothek Freising angeboten werden.

§9 Buchbestände privater Herkunft

Den Pfarrarchiven sind häufig ältere Buchbestände angegliedert worden, die aus dem Rücklass früherer Pfarrer stammen. Sie sollen ebenfalls der Dombibliothek Freising angeboten werden.

§10 Musikalien und liturgische Bücher

Kirchenmusikalien und liturgische Bücher sind in der Regel Eigentum der Kirchenstiftung. Soweit sie von besonderem geschichtlichen Wert sind, wird eine Übergabe an die Dombibliothek Freising auf der Basis eines Leihvertrages empfohlen.

Dr. Gerhard Gruber, Generalvikar

Dr. Pfister

ANLAGE zu § 4, Abs. 5

Dauernd aufzubewahrende Rechnungsbelege (nach Kontenplan ab 31.12. 1985)

Konto-Nr.Kontenbezeichnung
2 3Inventarien:
2 31Literalien (Meßbücher u. dgl.)
2 32Musikalien
2 33Musikinstrumente (einschl. Orgelpflege)
2 34Paramente incl. Kirchenwäsche (nur Neuanschaffung)
2 35Geräte (Hi. Gefäße) u. Einrichtungen
2 4Gebäudelasten:
2 416Kleinere Reparaturausgaben
2 5Bauten:
2 51Bauausbesserungen
2 52Neubauten
5Ausgaben der Filialen und Nebenkirchen (bei gemeinsamer Abrechnung)
6Ausgaben für kircheneigene Anstalten (bei gemeinsamer Abrechnung)

Dauernd aufzubewahrende Rechnungsbelege (nach Kontenplan ab 1. 1. 1986)

HaushaltskontoAusgabeart
62200Gottesdienstgestaltung
4500Liturgische Geräte - Anschaffung und Pflege
4501Liturgische Gewänder und Paramente
4502Literalien, Meßbücher
4503Musikalien (Noten), Orgelpflege
63110Pfarrzentrum
4330Reparaturen
4340Technische Anlagen/Wartung
4780Instandhaltungen
63120Kirche
63130Pfarrhaus
63140Pfarrheim
63210-90Filialkirchen
63310-90Übrige Gebäude (Mietobjekte)
63600Friedhof
64100Anschaffungen a) inventarpflichtig
4210Einrichtung/Ausstattung - Kirche, Sakristei, übrige Räume
4300Maschinen für Haus und Grundstück

Normgeber: München und Freising

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